Kommentar zur Stadionposse

Kommentar zur Stadionposse

Als Anhänger der Spielvereinigung Unterhaching ist man Kummer gewohnt. In schöner Regelmäßigkeit folgt auf eine sportlich erfolgreiche Herbstrunde ein komplettes Desaster im Frühling. Jetzt aber geht es wieder einmal um unseren geliebten Sportpark und natürlich, damit verbunden, auch um das liebe Geld. Diese beiden Themen haben das Potenzial, beim geneigten Fan einen ungesunden Blutdruck zu erzeugen.

Eigentlich gab es im Juli 2020 allen Grund zum Jubeln. Damals wurde bekannt , dass der Verein der Gemeinde das Stadion abkaufen wird. Von einer historischen Entscheidung sprach damals der 3. Bürgermeister der Gemeinde, Richard Raiser, bei uns im Interview1. 3,3 Millionen Euro sollten von Spielvereinigung für die Transaktion an die Gemeinde fließen. 


Knapp drei Jahre später ist der Kauf des Stadions durch die Spielvereinigung noch immer nicht abgeschlossen. „Der Deal liegt auf Eis“ so Bürgermeister Wolfgang Panzer, man sei sich bei einigen Details damals nicht einig geworden. Offizielle Aussagen von Seiten der Spielvereinigung gibt es zu diesem Thema nicht. In der Woche kam das Thema aber wieder auf die Tagesordnung – weil bekannt wurde, dass der Verein mit einer „vorübergehenden Liquiditätslücke“, so Präsident Manfred Schwabl, zu kämpfen hat. Der Club konnte die Gehälter für Dezember und Januar nicht rechtzeitig bezahlen.

Zudem gaben am letzten Sonntag die Munich Ravens, ein neu entstandener Footballverein, bekannt, dass der Sportpark ab Juni ihre Heimspielstätte für die Spiele in der European League of Football (ELF) sei. Vizepräsident Peter Wagstyl: „Es wäre eine tolle Gelegenheit, den Sportpark alternativ zu nutzen, wenn im Fußball Saure-Gurken-Zeit ist“. Wagstyl stellt weiter klar, dass der Verein das Abkommen erst nach dem Einholen aller behördlichen Genehmigungen verkünden kann und dies bislang nicht der Fall ist.

Diese beiden Themen haben dazu geführt, dass aus dem Gemeinderat wieder einmal die Giftpfeile in Richtung Spielvereinigung fliegen. Es sei eine „klare Missachtung des Pachtzwecks“ und „Die SpVgg treibt den Gemeinderat vor sich her“, sagt Evi Karbaumer von den Grünen zum Thema Football. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Wöstenbrink fordert „Klarheit in der Stadionfrage“ und zweifelt an, dass der Verein überhaupt über die notwendigen Mittel verfügt. Armin Konetschny von den Grünen spricht der ausgegliederten GmbH der Spielvereinigung sogar die Standortberechtigung ab: „Diese GmbH ist im Bereich der Konsumgüter tätig. Ist es zulässig, dass solch ein Unternehmen im Sportpark residiert, der gar nicht als Gewerbegebiet festgelegt ist?“

Stadion am Sportpark vor dem Umbau 1999. Bildrechte: Archiv SpVgg
Der Sportpark im Originalzustand. Bildrechte: Archiv SpVgg Unterhaching

Bei all diesen Aussagen wirkt es fast so, als ob die Spielvereinigung als Grundlage ihres Bestehens keinen gemeinnützigen Verein hat, „der soziale Aufgaben erfüllt, indem er Hunderten Kindern die Möglichkeit zu einer gesunden Freizeitgestaltung bietet.“ So Stefan Galler in einem Kommentar2 in der Süddeutschen Zeitung.

Dabei muss man festhalten, dass der Verein seit vielen Jahren großen Wert auf sein soziales Engagement legt. Er beteiligt sich unter anderem regelmäßig mit fünfstelligen Spendensummen am Sternstundentag des Bayerischen Rundfunks. Präsident Schwabl saß selbst schon an der Spendenhotline und auch andere Institutionen in der Region wurden schon finanziell unterstützt. Vor kurzem wurde mit „Haching schaut hin“ sogar extra ein Verein gegründet, um in Not geratene Personen zu unterstützen.

In der vereinseigenen Gaststätte bietet der Verein Speisen und Getränke zu absolut fairen Preisen an, was das Wirtshaus bei vielen Senioren und Familien, gerade in Zeiten hoher Inflation, zu einem beliebten Treffpunkt gemacht hat. Zum letzten Saisonspiel der vergangenen Saison veranstaltete der Verein ein Volksfest für Jung und Alt und in den Ferien bietet er kostengünstige Feriencamps für 6- bis 14-Jährige an.

Es ist daher absolut unverständlich, warum der Verein von Teilen des Gemeinderats behandelt wird, als ob er eine Giftmülldeponie betreibt. Auch an der schlechten Finanzlage der Gemeinde trägt der Verein keine Schuld. Ganz im Gegenteil, der Verein würde die Finanzen der Gemeinde dauerhaft verbessern, wenn er zukünftig für den Unterhalt des Stadions verantwortlich wäre.


Auch sollte man im Gemeinderat nicht außer Acht lassen, dass es gängige Praxis ist, dass die öffentliche Hand Sportvereinen Sportstätten zur Verfügung stellt. Von den 20 Stadien in der 3. Liga befinden sich lediglich 3 (!) nicht komplett oder teilweise in öffentlicher Hand. 10 Stadien sind es in der 2. Liga und auch in der 1. Bundesliga sind es noch 9 Stadien, die komplett den jeweiligen Städten und Gemeinden gehören. In der Deutschen Eishockey Liga ergibt sich ein ähnliches Bild. Hier sind 11 von 15 Hallen in öffentlicher Hand, in der DEL 2 sogar 14 von 15.

Laut der SZ bietet der Verein 4 Millionen Euro3 für das Stadion, was ob des Zustands der Immobilie ein absolut angemessener Preis ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass der Hamburger Sportverein um die Jahrtausendwende sein Stadion für eine Mark erwerben konnte. Auch der Stadtrivale FC St. Pauli musste einige Jahre später nur einen symbolischen Euro für das Millerntor entrichten. Die Stadt Heidenheim hat ihr Stadion in den Jahren 2017/2018 für knapp 2 Millionen Euro an den örtlichen Verein verkauft.

Es ist daher wirklich an der Zeit, dass sich beide Seiten an einen Tisch setzen und den Stadionverkauf an die Spielvereinigung unter Dach und Fach bringen. Zum Wohle der Gemeinde und des Vereins.


Info:
Der Autor ist seit dem Jahr 2000 Vereinsmitglied der Spielvereinigung Unterhaching e.V. und hat seinen Wohnsitz in der Gemeinde Unterhaching.

Links:
1 Richard Raiser im Interview https://www.ueberhaching.de/richard-raiser-im-interview/
2 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/spvgg-unterhaching-unterhaching-sportparkstadion-fc-bayern-manchester-city-paris-saint-germain-tsv-1860-muenchen-fussball-wm-2022-1.5753651

3 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/unterhaching-spvgg-sportpark-manfred-schwabl-wolfgang-panzer-gemeindefinanzen-1.5751512

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